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Verkehrspolitik in der Rhein-Neckar-Region




Kommunalpolitische Überlegungen zur Verkehrsentwicklung

Verkehrspolitik in der Rhein-Neckar-Region

Siehe auch die Pressemitteilung vom 16. Oktober 2001 zu diesem Thema

Einleitung

Was ist zu tun?

Das Auto, unser liebster Feind

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV)

Der Öffentliche Personennahverkehr in und um Heidelberg




Einleitung

Das Thema Verkehr ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem ganz zentralen Thema der öffentlichen Diskussion und damit auch der politischen Auseinandersetzung geworden. Eine oft mit sehr viel Emotionen verbundene Diskussion, denn schließlich ist jede und jeder persönlich als Verkehrsteilnehmer von den Problemen die der Verkehr mit sich bringt betroffen. Mobilität ist eine der Grundvoraussetzungen, ohne die wir unser Leben nicht in der gewünschten, auch gewohnten, Weise gestalten und organisieren können. Wege zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz, zum Einkaufen oder zur Freizeitgestaltung, Wege zum Krankenhaus, zur Schule, zum Kindergarten und zum Besuch von Freunden und Verwandten - in einem Ballungsraum wie dem Rhein-Neckardreieck brauchen wir besondere Anstrengungen, um diese notwendigen Verkehrsbeziehungen zu organisieren.

Die Heidelberger Verkehrspolitik der 60er, 70er und 80er Jahre war -wie vielerorts- zu einseitig und zu stark am Auto orientiert. Dadurch wurden die Voraussetzungen für eine stadt- und umweltgerechte Verkehrsgestaltung verschlechtert. So wurde das Schienennetz innerhalb weniger Jahre von ca.50 Km Länge auf ca.25 Km Länge gekürzt. Die Investitionen wurden zu einseitig in den Bau von Tiefgaragen in der Innenstadt und in den Straßenbau geleitet.

Die Verkehrspolitik in der Region ist jahrelang daran gescheitert, daß hier drei Länder (Baden Württemberg, Rheinland Pfalz und Hessen) zu beteiligen sind, daß die Eitelkeiten bestimmter Stadtoberhäupter eine regionale Lösung nicht zuließen und insbesondere daran, daß die Ideologie einer autogerechten Regionalentwicklung das Nachdenken über vielfältige andere Möglichkeiten verhindert hat.

Mit der Einführung des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) im Jahr 1990 und dem Baubeginn der S-Bahn Rhein-Neckar im Jahr 1997 sind zumindest die Grundvoraussetzungen geschaffen, um den Verkehrsteilnehmern im Rhein-Neckar-Raum in der Zukunft für die Fahrten zwischen den einzelnen Städten und Gemeinden der Region eine attraktive Alternative zum Auto anzubieten. Die Qualität der S-Bahn (hohe Taktdichte, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, attraktive Fahrzeuge und Bahnhöfe) wird letztlich darüber entscheiden, ob sie von der Bevölkerung auch angenommen wird. Leider ist mit dem Bau der S-Bahn aber nur eine geringfügige Verbesserung für die Verkehrssituation in Heidelberg zu erwarten, so daß hier darüber hinausgehende Maßnahmen unabdingbar sind. Dies gilt genauso für Schwetzingen, Hockenheim, Ketsch usw.




Was ist zu tun?

Welche Möglichkeiten gibt es nun, den Verkehr menschen- und umweltfreundlicher zu organisieren? Wie kann die Mobilität erhalten beziehungsweise im Hinblick auf künftige Anforderungen sogar erhöht werden und gleichzeitig die Lebensqualität in unseren Städten wieder verbessert werden?
Die Antwort auf diese Fragestellung ist vielfältig und komplex. Insgesamt muß es uns gelingen dafür zu sorgen, daß immer mehr Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad sowie mit Bus und Bahn und immer weniger Wege mit dem Auto zurückgelegt werden.

Der Lösungsansatz liegt also in einer konsequenten Kombination verschiedener Verkehrssysteme, aber auch in der Einsicht von uns allen, daß -um nur ein Beispiel zu nennen- unsere Ölreserven der Welt nur noch ca. 40 Jahre reichen. Von den NOx Emissionen, den Kohlenmonoxid- und Kohlenwasserstoffemissionen ganz zu Schweigen. Auch die Ursachen der drohenden Klimakatastrophe liegen nicht in der Stratosphäre sondern ein gutes Stück auf unseren Straßen.

Natürlich eignen sich nicht alle nachfolgenden Vorschläge und Konzepte gleichermaßen für alle Bevölkerungsgruppen. So müssen wir uns beispielsweise für ältere oder auch behinderte Menschen etwas anderes überlegen als für den sportlichen Mitdreißiger. An dieser Stelle soll es jedoch zunächst darum gehen, die für eine neue Verkehrsstruktur unentbehrlichen, allgemeinen Voraussetzungen in der Politik -aber auch in unserem Verhalten- sowie die wichtigsten Maßnahmen in und um Heidelberg zu benennen.




Vieles ginge besser, wenn wir mehr gingen

Kurze Wege sollten wir zu Fuß zurücklegen. Start- und Bremsvorgänge von Kraftfahrzeugen verbrauchen/vernichten besonders viel Energie. Außerdem ist der Zeitvorteil der schnelleren Bewegung oft genug durch Parkplatzsuche und Verzögerungen wegen hohem Verkehrsaufkommens schnell wieder aufgebraucht.

Wußten Sie eigentlich, daß...
  • bereits heute in Heidelberg etwa ein Drittel aller Wege zu Fuß zurückgelegt werden?

  • in der EU nur 15% der Bürger eine primär am Auto orientierte Verkehrspolitik fordern und daß die Politiker der Meinung sind, dies sei bei 59% der Bürger der Fall?



  • Viele wären pünktlicher, wenn sie mit dem Rad fahren würden

    Insbesondere für Wege innerhalb der Stadt, mit Entfernungen von oft deutlich unter drei Kilometern, ist das Fahrrad ein ideales Verkehrsmittel. Die Fahrzeit ist exakt kalkulierbar, fossile Energieträger werden nicht benötigt, die Bewegung ist - wenn die Hauptverkehrswege der Kraftfahrzeuge gemieden werden - gesundheitsfördernd. Mit dem Rad sind wir schneller. Das Rad ist natürlich nicht für alle Fälle, nicht immer für behinderte und ältere Menschen und nicht für den "Großeinkauf" geeignet; auch regnerisches Wetter kann ein Problem sein. Aber selbst mit diesen Bedenken bleibt noch ein gewaltiger Anteil von Wegen mittlerer Länge, die leicht und vorteilhaft mit dem Rad mit Spaß zurückgelegt werden können. Und jeder Radfahrer und jede Radfahrerin werden gern bestätigen, daß man nur sehr selten naß wird.

    Status im Auto und in der Straßenbahn
    Das Auto ist ein Kind der Kutsche. Die Kutsche war der für alle Augen sichtbare Beleg für den besonderen eigenen sozialen Status. Das Fabrikat, das wir besitzen, leistet etwas Ähnliches: Es polstert unser Selbstgefühl aus. Das Auto als sogenanntes Status-Objekt; diese Formel kennen wir. Allerdings habe ich meine Zweifel ob wir affektiv wissen, wie sehr wir vom Auto abhängen als Instrument der Regulation des Selbstgefühls.

    Wir wollen, das ist meine Hypothese, mit unserem Auto wahrgenommen werden. Unsere psychosoziale Identität hängt, da die Klassen-Lagen undeutlich geworden sind, etwas an dem sichtbaren Besitz gewisser Produkte. Sie gehören zur Person. Der Fahrer eines Rolls Royce ist von dem Fahrer eines Fiat Panta, beide in Jeansjacken und Jeanshosen wenig unterscheidbar im Gewühl einer Fußgängerzone, aber sozial weit entfernt, wenn sie in ihre Autos steigen und sie bewegen.

    Der Autofahrer dagegen, der morgens zur Arbeit in die Straßenbahn steigt, kommt sich narzißtisch amputiert, in seinem Selbstgefühl eingeschränkt vor: Sein sozialer Status ist undeutlich geworden, und vielleicht hofft er, daß sein Mantel, seine Aktentasche, seine Schuhe für ihn sprechen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich mein "Experiment" mit der alltäglichen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmitteln begann und ich in der Kölner Straßenbahn befürchtete, man könnte mich für einen Sozialfall halten. Inzwischen packe ich in der Straßenbahn die Süddeutsche Zeitung aus, die mich hoffentlich ausweist als jemanden, der der akademischen Mittelschicht angehört.

    (aus: Gerhard Bliersbach: Gibt es ein Leben nach dem Auto? In: Psychologie Heute, November 1992)

    ÜBRIGENS:

  • Der Besitz eines repräsentativen Gefährts war schon in der Antike ein besonderes Statussymbol. Die keltischen Herren ließen sich sogar mitsamt ihrem zweirädrigen Pferdewagen begraben.
  • "Ich stehe da hinten!" sagt so mancher und meint doch nicht sich selbst sondern nur sein Auto.




  • Das Auto, unser liebster Feind

    Abgesehen davon, daß das Auto auch heute noch ein wichtiges Prestigeobjekt ist (siehe Kasten), scheint das Auto außerdem das ideale Verkehrsmittel: Zu jedem Zeitpunkt verfügbar, also fahrbereit, schnell, individuelle Abgeschiedenheit (Musik etc.), bequem, die Kosten entstehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Weg, wetterfest, verfügbarer Laderaum, oft direkt vor der Haustür verfügbar usw. Leider trügt aber dieser Schein. Rechnen wir die Gesamtzeit inklusive der Stausituationen und der Parkplatzsuche sind wir mit dem Auto oft langsamer als zu Fuß, mit dem Rad oder als wir mit der Straßenbahn wären - wenn es sie gäbe. Das Auto verursacht enorme Umwelt- und Gesundheitsschäden und ist außerdem extrem teuer. Trotzdem ist das Auto heute unverzichtbar, wenn Radfahren und Zufußgehen ausscheiden, weil unsere öffentlichen Nahverkehrssysteme insgesamt mangelhaft sind - und auch dann werden immer noch bestimmte Wege von Autos zu bewältigen sein, die weder zu Fuß noch mit dem Rad oder dem ÖPNV zu bewältigen sind.

    Wußten Sie eigentlich, daß...
  • unsere Autos nur sehr selten wirklich Fahrzeuge sind? Durchschnittlich wird jedes Auto nur 40 Minuten am Tag bewegt. Mehr als 23 Stunden am Tag ist unser Auto demnach ein Stehzeug.
  • daß ein Arbeitnehmer in der Regel zwei Monate im Jahr nur für den Besitz seines Autos arbeitet?
  • es heute in Deutschland 6 1/2; -mal so viele Autos gibt wie im Jahr 1960?
  • ein PKW durchschnittlich nur mit 1,2 Personen besetzt ist?



  • Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV)

    Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist für Entfernungen die nicht leicht zu Fuß bewältigt werden können die wichtigste Alternative zum Motorisierten Individualverkehr. Der ÖPNV ist grundsätzlich für jedermann nutzbar. Die Fahrt mit Bus und Bahn bedarf keiner körperlichen Anstrengungen und ist deshalb - im Gegensatz zum Fahrrad - auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen zugänglich. Bei Regen und Kälte ist der ÖPNV oft die einzige Alternative zum Auto. Den Verkehrskonzepten im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs kommt deshalb eine besonders große Bedeutung zu. Zu Recht fordert deshalb die SPD den massiven Ausbau des Öffentlichen Verkehrs.

    Dabei geht es um eine Vielzahl von Veränderungen und nicht um das herumdoktern an einzelnen Komponenten. Darin liegt die eigentliche Problematik - und natürlich an den enormen Kosten, die, regional betrachtet, für ein einigermaßen vernünftiges ÖPNV-System entstehen.




    "Bus- und Bahn fahren? Das ist doch nur was für die A.....!"

    Man hört oft das Vorurteil, öffentliche Verkehrsmittel, also Busse und Straßenbahnen, seien doch nur etwas für eine gesellschaftliche Randgruppe. Die Meisten würden ohnehin mit dem Auto fahren. Dabei wird oft von der sogenannten A-Gruppe gesprochen, die primär den ÖPNV nutzen würden. Gemeint sind Alte, Arme, Auszubildende, Ausländer, Arbeitslose, Alternative, Autolose, etc.

    Tatsächlich läßt sich feststellen, daß öffentliche Verkehrsmittel von folgenden Bevölkerungsgruppen verstärkt genutzt werden: Frauen, Kinder, Jugendliche und ältere Menschen. Betrachtet man diese Aufzählung etwas genauer fällt auf, daß eigentlich nur eine Bevölkerungsgruppe in der Aufzählung fehlt. Es sind die Männer im Berufsalter und hier vor allem die 30- bis 60-jährigen, die besonders selten den ÖPNV nutzen und weit überdurchschnittlich viele Wege mit dem Auto zurücklegen. So gesehen sind die Verhältnisse eher umgekehrt: es gibt eine Minderheit, die besonders selten öffentliche Verkehrsmittel nutzt.

    Muß es vor diesem Hintergrund nicht darum gehen, den öffentlichen Verkehr so attraktiv zu gestalten, daß er auch für diejenigen die ihn bisher meiden eine attraktive und schnelle Alternative zum Auto darstellt? Insbesondere mit einem engen Netz attraktiver und moderner Stadt- und Straßenbahnen kann dieses Ziel  erreicht werden. Dann werden öffentliche Verkehrsmittel tatsächlich zum Verkehrsmittel für die A-Gruppe, nämlich zu dem Verkehrsmittel für ALLE.

    Wußten Sie eigentlich, daß...
  • fast alle Heidelberger Stadtteile an Werktagen alle 10 Minuten mit dem Bus oder mit der Straßenbahn erreichbar sind?
  • der öffentliche Verkehr immer besser wird, je mehr Menschen ihn nutzen, da sich dann bessere Fahrzeuge (z.B. Straßenbahnen statt Busse), mehr Linien und dichtere Taktzeiten auch lohnen.



  • Der Öffentliche Verkehr muß besser werden

    Beim Aufbau eines ÖPNV-Systems, das einen erfolgreichen Umstieg vom PKW auf Bus oder Straßenbahn ermöglicht, sind mindestens folgende Parameter, im Vergleich zum bestehenden System zu verbessern:

    1. Ausweitung des Schienennetzes
    2. Neuverteilung des Straßenraums. Damit ist auch, solange kein vernünftiges Schienennetz existiert, ein BusspurNETZ gemeint (300m hier, 500 dort bilden noch kein Netz).
    3. Das bedeutet auch: Verengung von mehrspurigen KFZ-Schneisen zugunsten der Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Fuß- und Radwege sowie Busspuren oder Straßenbahnen)
    4. Auf allen Linien Erhöhung der Taktfrequenz auf mindestens 10 Minutentakt an Werktagen und auf mindestens 20 Minutentakt am Abend und am Wochenende.
    5. Verfügbarkeit des ÖPNV in den 'Randzeiten', also auch bis spät in der Nacht. Die Heidelberger Jugendlichen wünschten sich in der 1997 von der Stadt Heidelberg durchgeführten Befragung zu 54% ein ÖPNV-Angebot nach Mitternacht (bei den älteren Jugendlichen sogar bis zu 70%!) und auch für Schichtarbeiter ist ein solches Angebot unerläßlich.
    6. Niedrigere Fahrpreise, vor allem für Kurzstrecken.
    7. Klare Preisstruktur: weniger "Extrawürste", dafür preiswerte Angebote für ALLE; z.B.: eine günstige Umweltkarte.
    8. Überprüfung der Verteilung der Haltestellen. Sind z.B. auch neu entstandene Wohngebiete oder Gewerbe- und Einkaufszentren gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen? Wo gibt es Lücken?
    9. Besser ausgestattete Haltestellen (gemütliche Sitzgelegenheiten, Überdachung, Telefon, Briefkasten, Kiosk, etc.)
    10. Behindertengerechte Betreuung und Technologie.
    11. Bequemere und bessere Ausstattung der Wagen: Musikbereich, gelegentlich Café-Abteil, Zeitungsecke, etc.
    12. Öffentliche Verkehrsmittel sollten verstärkt wieder von Personal begleitet werden: Service und Sicherheit sind unabdingbare Qualitätskriterien.
    13. Verkürzung der Fahrzeiten durch eigene Trassen und Vorrang der Busse und Bahnen an Kreuzungen und Einmündungen (Ampelvorrangschaltungen).
    14. Fahrplanverbesserungen, die sich auch an den Mobilitätsbedürfnissen derjenigen orientieren, die (oft aus gutem Grund) heute noch mit dem Auto fahren.
    15. Mehr Direktverbindungen zwischen den Stadtteilen schaffen (etwa Ziegelhausen/Im Neuenheimer Feld).
    16. Bessere Möglichkeiten Gepäck, den Kinderwagen und gelegentlich auch das Rad mitnehmen zu können.
    17. Bessere Möglichkeiten mit dem Auto an einigen Haltestellen zu parken bzw. kleinere P & R - Plätze längs der radialen ÖPNV-Achsen anlegen.
    18. Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder an Haltestellen (z.B. abschließbare Fahrradboxen).
    19. Bessere Vernetzung zwischen Nah- und Fernverkehr.
    20. Einheitliche Entfernungspauschalen für alle Verkehrsarten statt am Auto orientierte Kilometerpauschalen.

    Wenn es uns gelingt, ein solches, attraktives ÖPNV-System aufzubauen, wird es vielen Bürgerinnen und Bürgern naheliegend und natürlich erscheinen, das eigene Auto im Regelfall stehenzulassen und sich statt dessen von öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ziel bringen zu lassen; ganz ohne Stau und Parkplatzsorgen.




    Wer soll das bezahlen?

    Mit dem gegenwärtig existierenden, kommunalen Finanzausgleich und mit der heutigen Aufteilung der Steuern zwischen dem  Bund, den Ländern und den Kommunen ist ein solcher, wirklich attraktiver öffentlicher Verkehr jedoch nicht zu finanzieren. Dies gilt für alle Städte in Deutschland.

    Derzeit erhalten die Kommunen vor allem Zuschüsse für Investitionen. So kann beispielsweise der Neubau einer Straßenbahnstrecke im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) mit bis zu 85 Prozent bezuschußt werden. Bei den hohen Aufwendungen für den laufenden Betrieb und die Unterhaltung von Bussen und Bahnen sind die Kommunen jedoch auf sich selbst gestellt, da diese Kosten nur anteilig über den Fahrpreis erwirtschaftet werden können.

    Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, einen attraktiven Öffentlichen Verkehr zu finanzieren:

    1. Bund und Land übernehmen die Verantwortung für die von den Kommunen nicht bezahlbaren Leistungen im ÖPNV und gewähren entsprechende Betriebskostenzuschüsse.
    2. Die realen Kosten des Autoverkehrs (incl. der ökologisch, gesundheitlich und sozial verursachten Schäden) werden durch eine deutliche Erhöhung der Mineralölsteuer dem System Autoverkehr zugeordnet und die entstehenden Mehreinnahmen für die Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs verwendet.
    3. Die Andienung von Grundstücken durch Öffentliche Verkehrsmittel wird als eines Grundversorgung verstanden, die ebenso selbstverständlich ist, wie die Andienung durch eine Straße und die Versorgung mit Strom, Wasser, Gas, etc. . Beim ÖPNV handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung, die im öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Benutzung gewidmet ist. Der Vorteil der Erschließung durch den ÖPNV liegt bei den Grundstückseigentümern, die durch den Anschluß die Möglichkeit erhalten, diese Einrichtung zu nutzen und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erfahren.

    Demnach liegt es nahe, die Grundstückseigentümer über eine Grundgebühr an den Fixkosten bzw. Vorhaltekosten der Einrichtung ÖPNV zu beteiligen. Insgesamt entstünde so eine Mischfinanzierung des ÖPNV-Betriebs aus Grundgebühren auf der einen und benutzungsabhängigen Entgelten (Fahrpreis) auf der anderen Seite. Ein Modell, das den Strukturen in anderen Bereichen der Grundversorgung (Wasser, Strom) entsprechen würde.

    Die ökonomischen, sozialen und ökologischen Aus- und Wechselwirkungen der genannten Möglichkeiten müssen fachlich und politisch geprüft und abgewogen werden; auch im Hinblick auf die Verkehrspolitik der Nachbarstaaten, insbesondere der EU. Letztlich ist auch eine Kombination einzelner Maßnahmen denkbar. Wichtig ist allerdings, daß etwas passiert. Ohne eine Änderung der Finanzgrundlagen im Bereich des Öffentlichen Verkehrs ist eine "Verkehrswende" nicht zu erwarten und damit die weitere Zunahme des Autoverkehrs -mit all seinen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen- nicht zu verhindern.




    Der Öffentliche Personennahverkehr in und um Heidelberg

    Finanzierung
    Die grundsätzlichen Probleme der Finanzierung des ÖPNV gelten natürlich auch für Heidelberg und Umgebung. Die nachfolgende Tabelle / Grafik macht dies nochmal deutlich. Sie zeigt die Finanzierungsmöglichkeiten innerhalb der HVV in den letzten 20 Jahren, indem sie die Verluste der HSB den Gewinnen der SWH gegenüberstellt.

    JahrSWH-
    Gewinnabführung
    HSB-
    Verlustausgleich
    Differenz
    1977 11,6 9,4 2,2
    1979 10,7 8,4 2,3
    1981 7,9 6,5 1,4
    1983 15,7 11,1 4,6
    1985 11,4 8,9 2,5
    1987 18,4 15,1 3,3
    1989 15,1 14,0 1,1
    1990 12,4 23,7 -11,3
    1991 16,2 26,8 -10,6
    1992 16,7 15,7 1,0
    1993 13,4 15,3 -1,9
    1994 10,3 10,2 0,1
    1995 14,7 14,4 0,3
    1996 19,9 17,8 2,1
    1997 18,6 23,9 Erfolgsvorschau
    1998 17,9 25,1 Erfolgsvorschau
    1999 23,2 26,1 Erfolgsvorschau
    2000 14,9 28,0 Erfolgsvorschau
    2001 15,1 31,8 Erfolgsvorschau

    In dieser Tabelle / Grafik wurden die Gesamtverluste der HSB schon um die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Stadt Heidelberg und der Umlandgemeinden verringert.

    Das Ergebnis: Von 1976 bis 1989 haben die Gewinnabführungen der SWH ausgereicht, um die Verluste der HSB zu kompensieren. Seit 1990 reichen diese Mittel nicht mehr aus. Um die Kostensteigerungen des ÖPNV aufzufangen wurde seither versucht, die im Umland liegenden Gemeinden stärker an den Verlusten zu beteiligen. Ein nachvollziehbarer Schritt, der aber auch große Probleme mit sich bringt.

    Die enge Verflechtung Heidelbergs mit seinem Umland hat zur Folge, daß es starke Pendlerströme zwischen der Stadt und dem Umland gibt. Das gilt nicht nur für den Berufsverkehr, sondern auch für den Einkaufs- und Freizeitverkehr. Wenn nun die Umlandgemeinden -um Ihrerseits Kosten zu sparen- das ÖPNV-Angebot nicht weiter ausbauen oder gar reduzieren, hat dies unmittelbare Folgen für Heidelberg, denn auch für die Menschen aus den Umlandgemeinden gilt: nur wer ein attraktives Angebot an Bus- und Bahnverbindungen vorfindet wird freiwillig den PKW stehen lassen. Fehlt ein solches Angebot, wird mit dem Auto gefahren; Autos die die Straßen und damit auch die Bewohner in Heidelberg zusätzlich belasten.

    Fazit: Auch in Heidelberg sind die alten Finanzierungsmodelle für den ÖPNV an ihre Grenzen gestoßen. Vor dem Hintergrund des erforderlichen Ausbaus des öffentlichen Verkehrs müssen deshalb perspektivisch auch für Heidelberg und Umgebung neue Finanzierungsformen für den öffentlichen Verkehr gefunden werden.

    Investitionen
    Leider wurde es in Heidelberg über viele Jahre versäumt, sich auf der Grundlage der vorhandenen Möglichkeiten um zukunftsorientierte Investitionen für den ÖPNV zu kümmern. Statt dessen wurde von der Substanz gelebt. Die Folge: kaum Schienenerneuerung oder gar -erweiterung, zu alter Wagenpark, etc.

    Erst Ende der 80er Jahre wurden die ersten Schritte unternommen, um den ÖPNV auf die Anforderungen des Verkehrs von Morgen vorzubereiten. Dabei konnten bisher folgende, wichtige Maßnahmen realisiert werden:

    • Neubeschaffung von Niederflur-Straßenbahnen
    • Neubeschaffung von Niederflur(gelenk)bussen, teilw. mit Klimaanlagen ausgestattet
    • Erneuerung von Gleisanlagen und Masten
    • Verkehrssignalanlagen wurden teilw. erneuert (Vorrangschaltungen)
    • Umsteiganlage Rohrbach-Süd
    • Umbau / Bahnkörper Bergheimer Straße
    • Umbau der Bergbahnstation
    • Lückenschluß Berliner Straße
    • Umbau Rohrbach-Markt
    • Schaffung von Bike & Ride Anlagen

    Darüber hinaus gab es einige Angebotsverbesserungen, die v.a. den Abend- und Nachtverkehr sowie das Angebot auf den Linien 1, 4, 12 und auf den Kircheimer Linien betreffen.

    Große Vorhaben für die nächsten Jahre

    • Zweites Gleis über Dossenheim nach Norden (in der Realisierung)
    • Verwirklichung der S-Bahn Rhein-Neckar mit neuen Haltepunkten in Heidelberg (in der Realisierung bzw. Planung)
    • Straßenbahn nach Kirchheim (in der Planung) und spätere Verlängerung nach Sandhausen
    • Straßenbahnanbindung der Altstadt
    • Straßenbahn ins Neuenheimer Feld
    • Schienenverbindung Franz-Knauff-Straße / Rohrbacher Straße / Bismarckplatz
    • Zweigleisiger Ausbau der Straßenbahn nach Leimen
    • Zweites Gleis nach Eppelheim
    • Regionalbahnkonzept Elsenztal * Sinsheim
    • Verlängerung der Straßenbahn von Eppelheim nach Plankstadt/Schwetzingen
    • Verlängerung der Straßenbahn von Leimen nach Nußloch/Wiesloch

    Verkehr - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor

    Jeder siebte Arbeitsplatz -so hört man immer wieder- ist derzeit direkt oder indirekt vom Auto abhängig. Verständlich daß vor diesem Hintergrund die Forderung nach weniger Autoverkehr auch zu der Angst führt, viele Tausend Arbeitsplätze könnten verloren gehen

    Doch betrachtet man die Zusammenhänge etwas genauer wird schnell folgendes deutlich: Das Bedürfnis nach Mobilität wird nicht zurückgehen sondern eher zunehmen. Im Beruf und im wachsenden Umfang auch in der Freizeit ist die alltägliche Mobilität fast allen Menschen sehr wichtig.

    Die Frage ist nur, mit welchem Verkehrsmittel diese Mobilität sichergestellt wird. Auch im Hinblick auf die Arbeitsplätze hat der Öffentliche Verkehr hier viele Vorteile gegenüber dem Auto. Wenn es gelingt den Anteil des öffentlichen Verkehrs deutlich zu steigern, wird dies enorme Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben:

    • Busse, Züge und Straßenbahnen müßten im großen Umfang gebaut werden. Fahrzeuge die den Bedürfnissen der einzelnen Städte und Gemeinden angepaßt werden müssen, und deshalb in der Produktion mehr Arbeitskräfte erfordern als Autos.
    • Schienenstrecken, Haltestellen und Bahnhöfe müßten im großen Umfang neu gebaut, erweitert und erneuert werden. Ein riesiges potentielles Arbeitsfeld für die einheimischen Bauunternehmen!
    • Es würden Tausende von Fahrerinnen und Fahrer für die Busse, Züge und Straßenbahnen gebraucht. Hinzu kämen Tausende von Arbeitsplätzen im Servicebereich, denn der Kunde will beraten und bedient werden und die Fahrzeuge, Bahnhöfe und Haltestellen müssen in Stand gehalten und gereinigt werden. Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich, die nicht ins Ausland verlagert werden können!

    In Zukunft wird wahrscheinlich mehr als jeder siebte Arbeitsplatz etwas mit Fahren zu tun haben: Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor Mobilität.

    Ausblick

    Der Weg "raus aus dem Stau" beginnt in den Köpfen. Nur wenn die Verkehrsmittel des "Umweltverbundes" -und hier insbesondere der öffentliche Verkehr- so selbstverständlich zum Alltag der Menschen gehören wie heute das eigene Auto, sind spürbare Veränderungen auf unseren Straßen zu erwarten. Der ÖPNV darf nicht weiter ein Verkehrsmittel für den "Notfall" sein, das für die meisten Menschen nur dann in Frage kommt, wenn das eigene Auto kaputt oder die Parkplatzsituation katastrophal ist.

    In Anbetracht des hohen und weiter steigenden Mobilitätsbedürfnisses darf diese Forderung nicht als Utopie abgetan werden, gleichwohl hier natürlich nur sehr begrenzt ein kommunaler Alleingang möglich ist. Die Anstrengungen der Kommunen müssen auf Landes- und Bundesebene endlich eine nachhaltige Unterstützung finden.

    Der Aufbau eines wirklich attraktiven öffentlichen Verkehrs, ist ceine der großen Herausforderungen der Gegenwart für die Zukunft. Der wirtschaftliche Markt, der mit einem solchen "Umstieg" verbunden wäre, könnte letztlich der entscheidende Hebel sein, um das neue Bewegungssystem in Bewegung zu bringen. Fortbewegung als modernes Dienstleistungsangebot im Verkehrssystems der Zukunft.




    • Vorplanungsphase
    • Erstellung der baureifen Planung
    • Ausschreibungs und Realisierungsphase
    • Zeitverlauf einer Planung an einem konkreten Beispiel




    Häufig gebrauchte Abkürzungen und Fachbegriffe Abkürzungen - Verkehr

    AV Abweichendes Votum (im Verkehrsforum Heidelberg)
    GBB Buslinien im Geschäftsbereich Bahnbus
    GVFG GemeindeVerkehrsFinanzierungsGesetz
    HSB Heidelberger Straßen- und Bergbahn AG
    IV IndividualVerkehr
    Freigabe der Kabotage Genehmigung inländischer Transporte für ausl. Lkw
    MIV Motorisierter IndividualVerkehr
    MVG Mannheimer Verkehrs AG
    NVZ Normalverkehrszeit
    OEG Oberrheinische Eisenbahngesellschaft
    ÖPNV öffentlicher PersonenNahVerkehr
    ÖV öffentlicher Verkehr
    PbefG Personen Beförderungs Gesetz
    SWEG Südwestdeutsche Verkehrs-Aktiengesellschaft
    SVZ Spitzenverkehrszeit
    VBL Verkehrsbetriebe Ludwigshafen
    VM Verkehrsministerium
    VRN Verkehrsverbund Rhein-Neckar



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