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Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit

Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin in Heidelberg am 8. Mai 2002

"Besonders gefreut habe ich mich über die angeregte, interessante Diskussion in der Neuen Universität. Aus solchen Veranstaltungen nehme ich immer neue Ideen für meine Arbeit mit", sagte die Justizministerin zum Abschied dem Bundestagsabgeordneten Lothar Binding. Heidelberg kennt Herta Däubler-Gmelin recht gut, während sie in Tübingen Jura studierte, hielt sie sich des Öfteren hier auf.

Auf dem Besuchsprogramm stand auch eine Führung durch die ehemalige Bosch-Villa, Klaus Tschira präsentierte sein Schulungszentrum und seine neuen Ideen für einen Biotechnologie-Park bei Dresden. Gerda Tschira hatte die Ministerin und Lothar Binding zuvor durch das Carl-Bosch-Museum geführt, ihre Sammlung einzigartiger Exponate und Zeugnisse rund um den Wissenschaftler faszinierte die Besucher.

Begonnen hatte der Nachmittag für Herta Däubler-Gmelin mit einem Vortrag zum Thema "Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit" vor gut 200 Studierenden, Anwälten und anderen Interessierten in der Neuen Universität. Die Bundesjustizministerin wurde zunächst vom Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Peter Hommelhoff, begrüßt. Ein einleitendes Grußwort sprach Prof. Oliver Lepsius von der Juristischen Fakultät. "Sie haben bei einigen Gesetzen Mut bewiesen", sagte Lepsius unter Anderem.

"Wir freuen uns darüber, dass es uns und Lothar Binding gelungen ist, Herta Däubler-Gmelin nach Heidelberg zu holen", begrüßte anschließend Jan Packebusch von der Fachschaft am Institut für Politische Wissenschaft die Besucherin aus der Hauptstadt.

"Schon Theodor Heuss hat vom unerfüllten Grundgesetz gesprochen", begann sie ihren Vortrag. Es müsse wohl immer eine gewisse Diskrepanz zwischen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit geben. Eine solche Diskrepanz sei auch nichts Schlimmes, die Verfassung dürfe nicht jedes Detail regeln, so Däubler-Gmelin. "Die Rechtspolitik ist ein Gestaltungselement innerhalb der Verfassung", sagte sie. Es müsse immer ausreichend Freiräume für die Bürgerinnen und Bürger geben.

Herta Däubler-Gmelin führte als Beispiel die Reformen der SPD-geführten Bundesregierung in ihrem Ressort seit 1998 an: Mit der Neufassung des Mietrechts, die vor allem eine Zusammenführung vieler Einzelvorschriften in ein Gesetz beinhaltet, seien die Verhältnisse zwischen Mietern und Vermietern klarer gefasst worden. Das bedeute eine große Erleichterung für beide Seiten, so Herta Däubler-Gmelin. Auch die Justizreform habe große Erleichterungen und eine Klärung von Instanzen und Zuständigkeiten gebracht. Nach diesem absichtlich kurz gehaltenen Vortrag ging die Ministerin ausführlich auf Fragen aus dem Publikum ein.

Die Gleichstellung von ehelichen und nicht ehelichen sowie die von homosexuellen Partnerschaften sei wichtig gewesen, entgegnete Däubler-Gmelin auf eine Frage. Wer in einer Partnerschaft lebe, müsse abgesichert sein, so die Ministerin. Die Massnahmen gegen Gewalt in Beziehungen waren ebenfalls Inhalt einer Frage. Nach den neuesten Umfrageergebnissen sind zu 92 Prozent Frauen, zu 8 Prozent Männer Opfer. Erste Ansätze, auch seitens der Bundesländer, seien gut, so Däubler-Gmelin. Die Imtimsphäre müsse jedoch von staatlichen Stellen geachtet werden, obwohl die Dunkelziffer in diesem Bereich die genannten Zahlen wahrscheinlich übersteige.

Auf die Frage, welche Qualifikationen sie in Zukunft für wichtig halte, antwortete sie: "Spezialisieren Sie sich nicht zu stark! Der Erwerb von Fremdsprachen beispielsweise ist wichtig, ein bis zwei Auslandssemenster erweitern den Horizont. Schlüsselqualifikationen wie soziale Kompetenz sind manchmal wichtiger als stures Auswendiglernen von Wissen", so Herta Däubler-Gmelin.

Die meisten der anwesenden Studierenden zeigten sich beeindruckt von der grossen Diskussionsfreude der Ministerin und verabschiedeten sie mit großem Beifall.




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