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Stellungnahme zu Abstimmung über den Import embryonaler Stammzellen und die Forschung daran am 30. Januar 2002

Ich hatte für Dienstag, einen Tag vor der Abstimmung im Bundestag, zu einer Veranstaltung pro und contra Import und Forschung an embryonalen Stammzellen eingeladen. Nach Anfragen bei verschiedenen Großforschungseinrichtungen und dem Institut für Humangenetik der Universität Heidelberg waren wir recht froh, jemanden gefunden zu haben, der an einer Podiumsdiskussion über den Import bzw. die Forschung an embryonalen Stammzellen als Befürworter teilnehmen würde. Leider wurde diese Zusage zurückgenommen, sodass die Veranstaltung mit pro und contra nicht stattfinden konnte.

Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, wie vorsichtig viele verantwortungsbewusste Wissenschaftler bei der Beurteilung der langfristigen Folgen embryonaler Forschung sind.
"Die Abwägung zwischen einer 'Ethik des Heilens', der sich die Forderung verpflichtet fühlt, 'in der Medizin alles zu tun, was technisch möglich ist' oder aber der 'uneingeschränkten Zuerkennung der vollen Menschenwürde auch der Eizelle/Blastula'", wie es Prof. Dr. Vosberg in einem Brief formuliert, ist äußerst schwierig - weil es keinen konstruktiven Kompromiss gibt.

Und doch sind die beiden Alternativen, jedenfalls hinsichtlich meiner eigenen Verantwortung, nicht gleichgewichtig: Wenn sich meine Ablehnung des Imports und der Forschung an embryonalen Stammzellen als falsch erweisen oder später unter anderen Voraussetzungen notwendig werden sollte, so ist diese Entscheidung revidierbar. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ich neu entscheiden.

Wenn sich aber eine Zustimmung zum Import und der Forschung an embryonalen Stammzellen als falsch erweisen sollte, ist dies eine unumkehrbare Grenzüberschreitung. In Folge dieser Entscheidung wird ein bestimmtes Verständnis von menschlichem Leben, Lebensbeginn und Menschenwürde definiert; auch die Situation der Frau in unserer Gesellschaft würde sich in einer für mich noch nicht abschätzbaren Richtung verändern.

Deshalb werde ich am Mittwoch bei der Abstimmung den Import embryonaler Stammzellen und die Forschung daran, soweit dies mit der Tötung von Embryonen einhergeht, ablehnen.

Das tue ich mit gutem Gewissen. Die Hoffnungen vieler Kranker Menschen, dass nachfolgende Generationen von bestimmten Krankheiten geheilt werden können, verknüpfe ich mit den ethisch unproblematischen Forschungsleistungen an adulten Stammzellen. Erste Überlegungen von Jürgen Herscheler, Neurophysiologe in Köln, deuten auch auf Möglichkeiten hin, embryonale Stammzellen herzustellen ohne die Embryonen zu töten oder ihnen zu schaden. Hier verbergen sich enormes Forschungspotential und - um auch dieses Argument aufzunehmen - langfristig große ökonomische Entwicklungschancen.




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