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Freistellungsbescheid, Betriebststättennumer, Meldebogen für die Krankenkasse - mehr wird für einen 630-DM Jobs, ein 630-DM-Beschäftigungsverhältnis nicht benötigt - ein geringer Aufwand für mehr Gerechtigkeit. (August 1999)

Binding: Jobvernichtung gestoppt

jh. Die Diskussion um die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ist sehr lebhaft, doch werden oftmals nur die lautesten Stimmen gehört, auch wenn sie nicht unbedingt die ganze Wahrheit verbreiten. Der SPD-Bundestagsabgeordnete, Lothar Binding, sieht deshalb Anlaß zu einer Stellungnahme.

Dringender Handlungsbedarf, so Binding, war gegeben, da das bisherige Anwachsen der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse auf fast 20% aller Beschäftigten in Deutschland, vielfach bereits in der Illegalität, und die einhergehende Auszehrung der Sozialkassen die Gesellschaft in Schieflage brachten. Über Jahre hinweg zunehmende Arbeitslosigkeit und ein daramatischer Verfall sozialer Absicherung waren die Folge.

Schon vergessen? So ist ihre Zahl allein zwischen 1992 und 1997 von 4,5 auf gut 5,6 Millionen gestiegen, ein Anstieg von 24 Prozent. Arbeitgeber haben oft Mißbrauch mit der alten Regelung getrieben: So wurden beispielsweise reguläre Stellen in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse aufgespalten, um Sozialabgaben und Steuern zu sparen. Zudem werden so Kündigungs-schutz, Weihnachts- und Urlaubsgeldregelungen umgangen und unterlaufen.

Viele Arbeitgeber haben sich über Jahre hinweg jeglicher sozialer Verantwortung entzogen, die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, die bei ihrer Einführung als Ausnahmeregelung angelegt waren, wurden mehr und mehr zur Regel. So erstaunt es ihn denn auch nicht, so Lothar Binding weiter, dass genau die Branchen, die lange Zeit von der alten, wachsweichen Regelung profitiert haben, nun Stimmung gegen sie machen. Ein guter Teil der nun künstlich produzierten Aufregung solle Bindings Meinung nach zusätzlich dazu dienen, pauschal gegen die neue Bundesregierung Front zu machen.

Für Arbeitnehmer, die ausschließlich ein 630-DM-Beschäftigungsverhältnis ausüben, ist es leicht, sich von der Steuerpflicht zu entbinden zu lassen: Sie holen sich bei ihrem Finanzamt einen Vordruck, den Freistellungsbescheid. Außer der Angabe der Personalien ist das Ganze mit dem Ausfüllen eines Formulars von fünf Feldern verbunden.

Haushalte, die eine Haushaltshilfe beschäftigen wollen, lassen sich beim Arbeitsamt eine Betriebsstättennummer geben und melden die beschäftigte Person bei der Krankenkasse an. Eine Formalität, die keineswegs mit Bürokratie zu tun hat, genauso wie die An- und Abmeldever-pflichtung aller Beschäftigungsverhältnisse dient sie der Verhinderung des oben angeführten Mißbrauchs. Somit ist keine Aufnahme von mehreren solcher Beschäftigungen mehr möglich, ohne die anfallenden Steuern zu bezahlen.

Für Arbeitgeber wird es wieder interessant, "ganze" Stellen zu schaffen, da sie die Sozialabgaben so oder so zahlen müssen. Kern der Neuregelung ist bekanntlich die Umwandlung der ehemals vom Arbeitgeber bezahlten Pauschalsteuer in Beiträge von 10 Prozent an die gesetzliche Krankenversicherung und 12 Prozent an die Rentenversicherung. Die sich am Rande ihrer Belastung befindenden Sozialkassen sollen durch diese Beiträge nach dem Solidarprinzip entlastet werden. Die Arbeitnehmer können durch Zuzahlung von 7,5 Prozent des Rentenversicherungsbeitrags weitere eigene Ansprüche erwerben, Ansprüche an Rentenzahlungen, zur Erfüllung von Wartezeiten und an Leistungen für Rehabilitation im Rahmen der Rentenversicherung. Ein eigenes Krankenversicherungsverhältnis entsteht nicht, da die geringfügig Beschäftigten entweder beim Ehepartner mitversichert sind oder aus einem eigenen regulären Beschäftigungsverhältnis heraus schon krankenversichert sind.

Der klassische Fall, dass die Ehefrau für ein paar Jahre ein paar Mark nebenbei verdient, wird durch die Neuregelung nicht eingeschränkt, sie zahlt keine Steuern, kommt im Gegenzug aber in den Genuß von Sozialversicherungsbeiträgen. Bei der späteren Rentenberechnung schlagen sich zwar Beitragsjahre mit ausschließlicher geringfügiger Beschäftigung mit "nur" 4.17 DM zu Buche, aber wer arbeitet schon sein ganzes Erwerbsleben über auf dieser Basis?

Eine bestimmte Personengruppe muß kleinere Einschränkungen durch das neue Recht hinnehmen: Das Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung wird künftig der normalen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zugerechnet, also addiert und muß normal versteuert werden. Verdient etwa ein Feinmechaniker im Hauptberuf 4.000 DM brutto und nebenbei 630 DM, so muß er künftig 4.630 DM versteuern, genauso, wie sein Kollege mit einem Lohn von 4.630 DM und das ist auch gerecht. "Ein Schritt hin zu mehr Steuer-gerechtigkeit und der solidarischen Verteilung von Lasten", wie Binding betont.

Saisonal bedingte oder ähnliche Tätigkeiten, die an nicht mehr als 50 Tagen im Jahr oder maximal zwei Monate am Stück ausgeübt werden, sind nicht steuerpflichtig, eine gute Nachricht für alle, die in der Gastronomie, anderen Dienstleistungsbranchen oder der Landwirtschaft jobben wollen.

Beschäftigte mit mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die zusammen-genommen mehr als 630 DM ausmachen, zahlen im Prinzip erstmal den vollen Steuern- und Abgabensatz auf ihre Einkünfte. Hier greift allerdings die Regelung, dass ein Existenzminimum von derzeit 13.067 DM immer steuerfrei ist, so dass eventuell einbehaltene Lohnsteuer im Rahmen der Einkommenssteuererklärung zurückerstattet wird.

Weg von den zum Teil unsozialen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu mehr Teil- und Vollzeitstellen, ein Ziel, das einen kleinen Aufwand lohne, so Binding abschließend. Diese Neuregelung sei nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Gekoppelt mit der weiteren Senkung der Lohnnebenkosten und der Entlastung des Mittelstandes rückt die Beseitigung von Arbeitslosigkeit ein Stück näher.

Die informative Broschüre "Das 630-Mark-Gesetz", herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung kann unter Postfach 500, 53105 Bonn bezogen werden und wird demnächst auch in Lothar Bindings Wahlkreisbüro am Heidelberger Fischmarkt 3 erhältlich sein.

Der Freistellungsbescheid für die Steuerbefreiung ist auch auf den Internetseiten des Bundesminis-teriums der Finanzen zu finden unter: http://www.bundesfinanzministerium.de


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