Amateurfunk - alles andere als Amateurhaft!
Bei der 47. UKW-Tagung in Weinheim
hielt Lothar Binding in seiner Eigenschaft als Schirmherr nachfolgende Rede:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
nachdem ich mir Ihr umfassendes Vortragsprogramm, die professionell und
doch liebevoll aufgebauten Stände und Ihren letztjährigen Tagungsband
angesehen habe, frage ich mich, ob der Begriff "Amateur" im Namen Ihres
Vereins wirklich trifft. Hier wird professionell gearbeitet. Auch die
prämierten Selbstbauexponate zeigen, auf welch hohem Niveau im DARC e.V.
physikalisch experimentiert und(!) handwerklich gearbeitet wird.
Besonders faszinieren mich die vielen Ideen. Oder eigentlich fasziniert
mich der Brückenschlag zwischen Idee und Umsetzung, denn viele Ideen
gibt es sehr oft. Oft gibt es auch Planungen - das Schöne an Planungen
besteht ja darin, dass Planungen immer stimmen, fehlerfrei funktionieren
und begeistern. Und doch: nur wer die Realisierung wagt, wird erfahren,
dass selbst die perfekte Planung in der Umsetzung auf manches Problem
führt. Jeder kleine Denk- oder Schreibfehler kann unerbittlich zu einer
endlosen Fehlersuche, zu einer Umplanung oder zum Austausch von
Bauteilen führen. Aber das erfährt nur derjenige, der den ganzen Weg
geht: von der Idee bis zur Realisierung. Allerdings winkt dann auch eine
große Belohnung, die sich weniger in Geld als in dem Gefühl ausdrückt
"es geschafft zu haben", wenn nach endloser Kleinarbeit ein Licht
leuchtet, ein Ton zu hören ist oder Messgerät ausschlägt.
In diesem Moment, im Moment der Erfolgsmeldung durch ein
selbstgeschaffenes Objekt, steckt ein ungeheures Motivationspotential.
Sie kennen sicher die Erziehungsprinzipien: "Du darfst nicht so viel
Fernsehen." "Du darfst keine Drogen nehmen." "Du darfst nicht so viel
Freizeit machen." Alle Botschaften dieser Art verkehren sich in ihr
Gegenteil, weil "Nicht-Botschaften" von Menschen emotional abgelehnt
werden. Auf dieser Tagung können wir etwas ganz anderes erleben: "Bei
uns darfst Du Deine Ideen vortragen." "Bei uns darfst Du Pläne
schmieden." "Bei uns darfst Du Deinen Interessen nachgehen, Dich
handwerklich oder wissenschaftlich engagieren." "Bei uns darfst Du
Fehler machen, lernen, sie zu suchen und zu beheben." "Bei uns stehen
Elektronik, Elektrotechnik, Physik und Kommunikation im Vordergrund."
etc. etc. Statt Verboten - positive Angebote im Bürgerschaftlichen
Engagement bzw. im Ehrenamt.
Diese positiven Angebote, diese Motivationskultur im Raum
Bürgerschaftlichen Engagements im DARC e.V. gilt es zu verbinden mit
Räumen, in denen gleiche Ziele verfolgt werden: In der Schule, im
Physikunterricht und in der Volkshochschule. Hier können
wissenschaftliche, pädagogische, handwerkliche aber auch Leistungen im
Planerischen und im Kreativen (Ideenschmiede) besonders gefördert werden.
Deshalb möchte ich hier im Dietrich-Bonhoeffer Gymnasium anregen, auf
diesem Weg weiterzugehen. Solche Möglichkeiten lassen sich nur
erschließen, weil wir sowohl in Rektor Gernod Jungcurt und dem
Lehrerkollegium als auch mit Oberbürgermeister Bernhard Partner gefunden
haben, die jenseits ihrer originären Zuständigkeiten an
gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen nicht nur Interesse haben,
sondern solche Entwicklungen auch tatkräftig unterstützen.
Beeindruckt von der heutigen Veranstaltung rege ich eine gemeinsame
Konferenz, zunächst mit Physiklehrern der Weinheimer Schulen, mit
DARC-Mitgliedern, mit Vertreter bestimmter Unternehmen, mit OB Bernhard,
und auch mit Gemeinderäten bzw. Politikern an, mit dem Ziel weitere
Kooperationen auszuloten und konkrete Schritte zu einer weiterführenden
Kooperation zu planen. Damit möchte ich einerseits das Interesse am
Amateurfunk stärker entwickeln, andererseits lässt sich damit eine
Verzahnung zwischen schulischer Bildung, unternehmerischem und
bürgerschaftlichem Engagement herstellen. Das physikalische Experiment
in der Schule, die theoretische und praktische Arbeit der
Amateurfunkbegeisterten und die Aufgaben in Berufsfeldern der
Elektronik, Elektrotechnik erhalten eine neue Dimension. Diese
Verzahnung kann auch die Berufsfindung der Jugendlichen sehr unterstützen.
Im kommenden Jahr möchte ich gerne zu einen solchen Konferenz einladen
und sehe Weinheim dabei als Keimzelle für eine zukunftsorientierte
Zusammenarbeit zwischen Schule, Ehrenamt und Beruf.
Lothar Binding
MdB, SPD Bundestagsfraktion
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