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„Verein ist Kommunikation“, behauptet Badens kommunikativer Sportbund-Präsident Heinz Janalik.

RNZ vom 3.11.03 - Von Claus-Peter Bach

Heidelberg - „Perspektiven unserer Vereine“, hieß das Thema einer Podiumsdiskussion, zu der Heidelbergs SPD-Bundestagsabgeordneter Lothar Binding die Bevölkerung und kompetente Gesprächspartner in den Olympiastützpunkt Rhein-Neckar eingeladen hatte.

Schon am Beifall für das Eingangsreferat, für das Freiherr Manfred von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes(DSB), von seinem Wohnort Berlin nach Heidelberg geflogen ist, war abzulesen, dass sich niemand in der OSP-Halle seinen Sportverein als reinen Dienstleister wünscht. Von Richthofen zeichnete die Umrisse des Sportvereins der Zukunft, der in erster Linie Solidargemeinschaft sein solle, aber in seiner Führung beweglich genug, um die verstärkt auftretenden Probleme in der Nachwuchsförderung, durch das Altern der Bevölkerung und mit den Finanzen intelligent lösen zu können. Von Richthofen porträtierte den DSB mit seinen 27 Millionen Mitgliedern, 2,8 Millionen Ehrenamtlichen in den Vorständen und1,6 Millionen freiwilligen Helfern und sagte, dass die Zahl der Vereine von 86.000 auf90.000 gestiegen sei, „weil Deutsche gerne Vereine gründen und oft ganze Abteilungen aus einem Verein austreten und einen neuen gründen, anstatt entstandene Probleme zu lösen.“ Der DSB-Präsident rät den Vereinen, eng mit den künftigen Ganztagsschulen zusammen zu arbeiten, um den spärlicher werdenden Nachwuchs direkt vom Sportunterricht in die Vereine zu lotsen, nannte den „Seniorinnen-Boom eine Chance, weil erfahrene Kräfte für die Vereinsarbeit gewonnen werden können“ und forderte die Politik auf, die Vereine steuerlich zu entlasten und vom „erdrückenden Papierkram zu befreien, was eine echte Ehrenamtsförderung wäre.

Lothar Binding und die Abgeordnete Dagmar Freitag aus Iserlohn, Sportpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Vize-Präsidentin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), bestätigten, dass die Regierungskoalition den Steuerfreibetrag der Vereine um 10.000 auf 40.000 Euroanheben wolle und versicherten dem DSB ihre Unterstützung bei der Gründung eines neuen Fernseh-Sportkanals durch ARD und ZDF, in dem vor allem jener Sport gezeigt werden soll, der nicht tagtäglich über den Bildschirm flimmert. Dagmar Freitag nannte Binding einen „starken Streiter für den Sport“ und bedankte sich bei dem Heidelberger Abgeordneten für manche Hilfe im naturgemäß stets zum Sparen gezwungenen Haushaltsausschuss des Parlaments. Wie Manfred von Richthofen, der vom„Sportarten-Hopping“ sprach, hat auch Ulli Stielike festgestellt, dass Jugendliche im Alterzwischen 15 und 18 Jahren ganz neugierig seien, für sie neue Sportarten kennen zulernen und deshalb aus ihrem angestammten Verein verschwinden.

Der Trainer der deutschen Fußball-Auswahlen U18, U20und U21 bekannte, unter der Vereinsarbeit zu leiden und von ihr zu profitieren. Es interessiere den Deutschen Fußball-Bund (DFB)sehr, „wie die Vereine funktionieren und wie sie Problemen wie Gewalt, Rassismus und Drogen begegnen, die es vor 30 Jahren– in meiner Jugend – nicht gegeben hat. “Stielike hat festgestellt, dass viele Betreuer diesen Problemen nicht gewachsen seien, weshalb man in den 390 DFB-Förderzentren mit seinen 22.000 Jugendlichen (darunter650 Mädchen) dazu übergegangen sei, sich mehr um den jungen Menschen und dennoch stark um den talentierten Sportler zukümmern: „Es reicht nicht mehr, ein anspruchsvolles Training anzubieten. Beim DFB lehren wir die jungen Spieler, dass es wichtiger ist, Etikette zu haben. Wenn man’s ihnen sagt, verstehen sie das. Man müsste es ihnen aber auch zu Hause und in der Schule sagen. “Wie wichtig die Schulen für die Zukunft der Vereine sind, wurde auch aus Wortmeldungen aus dem Auditorium deutlich. Heinz Janalik, Präsident des Badischen Sportbundes (BSB), wies allerdings daraufhin, dass von den Lehrkräften auch im Sport nicht die Lösung jedes Problems erwartet werden dürfe. „Zu viele lehren in der Schule Sport, ohne Sportlehrer zu sein,“ sagte Janalik, der den Verein der Zukunft als lebendiges Zentrum bürgerschaftlichen Engagements sieht, als Paradebeispiel für sinnvolles Geben und Nehmen. „Es reicht nicht, seinen Beitrag zu zahlen und dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Wenn wir auch in der Zukunft lebendige Vereine haben möchten, müssen wir den dort Tätigen auch einmal Danke sagen. Wie wollen wir Vereine entwickeln, wenn man in unserer Gesellschaft das Wort Danke nicht mehr kennt?“, fragte der Dozent, empfahl, jüngere Mitarbeiter mit kleinen und überschaubaren Aufgaben zu betrauen und sagte mit Blick auf die vielen Disziplinlosigkeiten im heutigen Sport an die Adresse der Eltern: „Ihre Verantwortung endet nicht mit dem Zeugungsakt. “

Nach dreistündiger reger Diskussion, die spannender war als jede Fernseh-Talkshow und von einer Präsentation der jüngsten OSP-Boxer aufgelockert wurde, nahmen die Gäste den Eindruck mit, dass Vereinen, die diese vielen Anregungen aufnehmen, vor der Zukunft nicht bange sein braucht. Zumal der Sport in der Stadt Heidelberg mit„ihrer glänzenden Sportförderung“ (von Richthofen) besser dasteht als andernorts. Es wurde aber auch mehrfach gesagt: Sportvereine können gar nicht genug Unterstützung erhalten, denn sie leisten hochwertigste Sozialarbeit.

Heidelbergs Abgeordneter Lothar Binding begrüßte im Olympiastützpunkt viele Gäste und auf dem Podium BSB-Präsident Heinz Janalik, DLV-Vizepräsidentin Dagmar Freitag, DSB-Präsident Manfred von Richthofen und Fußball-Bundestrainer Ulli Stielike (v.r.n.l.)



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