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RNZ vom 28.3.03

Hartz-Reform wird im Zeitplan umgesetzt

"Großer Andrang bei Podiumsdiskussion - Franz Müntefering erläutert den Fahrplan bei der Arbeitsmarktreform "

Von Marcus Krämer

Mit einem solchen Ansturm hatten die Veranstalter nicht gerechnet: Gut 300 Menschen kamen am Mittwochabend in den Ballsaal der Stadthalle und verfolgten fast drei Stunden lang eine Podiumsdiskussion über das so genannte Hartz-Konzept. Obgleich in einem Nebenraum zusätzliche Stühle aufgestellt wurden, mussten viele Besucher stehend zuhören. Franz Müntefering war gekommen, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag. Er berichtete, welche Teile der Arbeitsmarktreform die Regierung bereits umgesetzt hat - und welche Neuerungen noch folgen werden. Eingeladen hatten die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding (Heidelberg) und Gert Weisskirchen (Rhein-Neckar-Kreis). Müntefering sprach von "der größten Arbeitsmarktreform, die es in Deutschland je gegeben hat". Freilich sei vielen Menschen nicht bewusst, wann und wie die Pläne umgesetzt werden, die letztes Jahr eine Expertenkommission erarbeitet hat, unter dem Vorsitz des VW-Personalvorstandes Peter Hartz. "Neulich hat sich bei mir jemand darüber beklagt, dass die Sache mit den Mini-Jobs nicht funktioniert", erzählte Müntefering. "Da habe ich gesagt: ‚Guten Morgen!' Die Mini-Jobs werden nämlich erst im April eingeführt." Auch andere Vorschläge der Hartz-Kommission stehen bereits im Gesetz, werden aber erst in den nächsten Monaten umgesetzt. So werden die "Personal-Service-Agenturen" erst Anfang 2004 überall eingerichtet sein. Dann wird sich zeigen, ob die Zeitarbeitsfirmen für Arbeitslose Erfolg haben werden. Noch nicht verwirklicht sind auch die geänderten Regeln für eine frühzeitige Vermittlung bei Kündigungen. Einstellungshilfen für Arbeitslose, die älter als 55 Jahre sind, müssen ebenfalls erst umgesetzt werden. Das Gutschein-System bei der Weiterbildung funktioniere noch nicht, sagte Müntefering: "Da ist noch was nicht in Ordnung, da bleiben wir dran." Manche Vorschläge der Hartz-Kommission sind noch nicht beschlossen, sollen aber schon bald im Gesetz stehen - etwa die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Müntefering versprach, dass dabei vor allem die Städte und Gemeinden entlastet werden. Ein Großteil der Arbeitslosen, für die heute die Sozialämter zuständig sind, würde dann von der Bundesanstalt für Arbeit betreut werden. Mini-Jobs erst ab April Wolfgang Heckmann, der Direktor des Heidelberger Arbeitsamts, äußerte sich am Podium zu den Plänen der Regierung. "Die strategische Grundrichtung des Hartz-Konzepts halte ich für richtig", sagte er. Eine Bilanz könne er noch nicht ziehen, da die Reform erst teilweise verwirklicht sei. "Wir sind im Zeitplan bei der Umsetzung", berichtete Heckmann. Allerdings gab er zu bedenken, dass die Arbeitsmarktpolitik kaum hilft, wenn ein Wirtschaftswachstum ausbleibt. Nur wenn neue Arbeitsplätze geschaffen werden, könne das Hartz-Konzept seine volle Wirkung entfalten. Am Podium saßen auch Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften: Leopold Übelhör von der Kreishandwerkerschaft sowie Pat Klinis von der IG Metall. Beide halten das Hartz-Konzept im Grundsatz für richtig. Sie kritisierten jedoch einzelne Teile der Reform. Übelhör findet etwa die so genannte Ich-AG "im Prinzip gut". Er befürchtet jedoch, dass durch diese neue Form der Beschäftigung "Preisdumping und schlechte Arbeit" gefördert würden - in Konkurrenz zu den teureren Leistungen der Handwerksbetriebe. Dadurch könnten Arbeitsplätze in den "guten Betrieben" gefährdet sein, so Übelhör. Pat Klinis kritisierte unter anderem, dass Arbeitslose bald auch Stellen annehmen müssen, die weit entfernt von ihrem Wohnort sind. Er zeigte sich skeptisch gegenüber dem Motto des Förderns und Forderns: "Wer glaubt, man müsse Arbeitslose zum Arbeiten ermutigen, wird keinen Erfolg haben - weil die Stellen nicht da sind", sagte er. Dass die Arbeitsämter in moderne "Job-Center" umgewandelt werden sollen, hält Klinis für einen "richtigen Weg". Er gab jedoch zu bedenken, dass die Arbeitsämter ihre anderen Aufgaben nicht vernachlässigen dürften; sie seien nicht nur für die Vermittlung zuständig.




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